In den vorangegangenen Beiträgen haben wir uns mit den ersten sieben Sitzungen des Rolfing-Prozesses beschäftigt. Diese konzentrierten sich in der Regel auf einen speziellen Bereich des Körpers, wobei auch hier immer auf das optimale Zusammenspiel der Teile im Sinne eines besser funktionierenden Ganzen geachtet wird. Der Rolfer hat von den Füßen bis zum Kopf die Balance und Aufrichtung des Körpers verbessert. Die Sitzungen acht bis zehn des Rolfing-Prozesses haben nun keinen regionalen Schwerpunkt, sondern konzentrieren sich darauf, noch verbliebene Defizite in Balance und Koordination im gesamten Körper aufzuspüren.

Die Sitzungen acht und neun

In der achten und neunten Sitzung des Rolfing-Prozesses stellt der Rolfer sich folgende wichtige Fragen: Was fehlt noch für die Ermöglichung einer maximalen Balance und einer geschmeidigen Bewegung von Kopf bis Fuß? Ist die Ausrichtung und Koordination von Füßen, Beinen und Becken ausreichend? Mangelt es noch an Beweglichkeit und Symmetrie in Armen und Schultergürtel? Wo sind die Defizite, falls noch vorhanden, zu suchen – an der Oberfläche oder in der Tiefe? Welches ist das größte noch bestehende Hindernis, welches die maximale Balance, das mühelose Aufrichten und die ausgeglichene Bewegung behindert?

Der Rolfer konzentriert sich in den Sitzungen acht und neun nicht mehr so sehr auf die Ausrichtung einzelner Regionen des Körpers und das Befreien des Körpers von Einschränkungen. Die Konzentration liegt darauf, die einzelnen Teile zueinander in Beziehung zu setzen. In den letzten Sitzungen arbeitet der Rolfer mit seinem Klienten häufig im Stehen und Sitzen, denn es geht darum, den Bewegungsablauf in alltäglichen Positionen und Bewegungen zu prüfen und so weit wie möglich zu optimieren. Durch die Arbeit im Stehen und Sitzen können Bewegungskoordination und Ausrichtung gleichzeitig angesprochen werden. Beispielsweise fixiert der Rolfer einen Bereich des Körpers, z.B. das Becken in einer bestimmten Position, während Sie eine spezielle Bewegung, in diesem Fall mit einem Bein, ausführen. Der Rolfer richtet so diesen Bereich aus und Sie lernen, wie man die Bewegung präzise ausführt. Diese akkurate Bewegung wird im Gewebe und auch in Ihrem Nervensystem gespeichert, was dazu beiträgt, die Wirkung des Rolfing-Prozesses über die zehn Sitzungen hinaus zu wahren.

Die zehnte Sitzung des Rolfing-Prozesses

Balance, Leichtigkeit und Aufrichtung durch Rolfing

Mit der zehnten Sitzung ist der Rolfing-Prozess abgeschlossen. Wie auch in der achten und neunten Sitzung liegt in der letzten Sitzung das Augenmerk nicht auf einem speziellen Bereich des Körpers. Ziel der zehnten Sitzung ist es, alle Segmente des Körpers und die dazwischenliegenden Bewegungsachsen noch einmal zueinander auszurichten. Es sollen keine tiefgreifenden Veränderungen in einzelnen Bereichen des Körpers mehr erzielt werden, sondern es werden große Flächen und Zusammenhänge innerhalb des Fasziennetzes angesprochen. Der Organismus soll sich die Koordination und optimale Ausrichtung einprägen. Die Abschlusssitzung wird oft als sehr angenehm empfunden, da der Rolfer meist mit weniger Druck arbeitet. Auch in dieser Sitzung wird oft im Sitzen und Stehen gearbeitet, um einen optimalen Übergang in den alltäglichen Bewegungsablauf zu erleichtern.

Nachdem Sie einen gesamten Rolfing-Prozess durchlaufen haben, werden Sie in der Regel einen deutlichen Unterschied zum Beginn der Behandlung spüren. Der Prozess hat Ihren Körper nachhaltig verändert, Ihr Körper hat neue, verbesserte Bewegungs- und Haltungsmuster gelernt und hat die besten Voraussetzungen für eine dauerhafte Veränderung erfahren. Ihr Körper wird sich danach allerdings nicht in einer perfekten Symmetrie befinden. Vielmehr geht es darum, eine Veränderung in Richtung verbesserter Aufrichtung, Balance und Koordination anzustoßen, die im besten Fall über den Abschluss des Rolfing-Prozesses hinausreicht.

Wie geht es danach weiter?

Ihr Körper hat im Laufe der Rolfing-Behandlung einen Prozess der Veränderung erfahren. Bewusst und unbewusst bekam Ihr Organismus viele neue Informationen und Eindrücke, die im Anschluss erst einmal verarbeitet werden müssen. Nach den zehn Sitzungen haben Sie ein neues und verfeinertes Gefühl für Ihren Körper entwickelt, welches Sie im Alltag nun neu begleitet. Auch mit den neuen Tipps und abgespeicherten neuen Mustern der Bewegung und einer aufrechten Haltung, werden sich im Laufe der Zeit wieder alte Gewohnheiten einschleichen. Stress und die alltägliche Belastung können zu neuen Verspannungen führen. Deshalb empfehlen wir, nach einigen Monaten wieder auffrischende Behandlungen durchzuführen.

Die Auffrischung kann in Form von Einzelsitzungen, aber auch in einer kurzen Serie von drei bis fünf Sitzungen erfolgen. Dies besprechen Sie am besten mit Ihrem Rolfer, denn es kommt ganz auf Ihre individuelle Situation an. Liegt Ihr kompletter Rolfing-Prozess mit den zehn Sitzungen schon einige Jahre zurück, kann es auch förderlich sein, diesen noch einmal in Gänze durchzuführen.