Der Eintritt in die Kernphase des Rolfing-Prozesses

In den ersten drei Sitzungen des Rolfing-Prozesses hat der Rolfer sich der ganzheitlichen Ausrichtung des Körpers entlang einer Lotlinie,  vorwiegend im Bereich der oberflächlichen Faszien,  gewidmet. Vom Schultergürtel über den Brustkorb bis zum Becken wurden die Faszien gelöst. Sie haben erfahren, wie wichtig das freie Atmen und ein ausbalanciertes Becken für Ihre Körperhaltung und damit Ihr Wohlbefinden ist.

Die erste Sitzung legt die Grundlagen für alle weiteren Veränderungen, die Sie im Laufe des Rolfing-Prozesses erfahren werden. Damit die Veränderungen, welche Sie im Laufe der zehn Sitzungen erfahren, lang anhalten, benötigt Ihr Körper ein stabiles und federndes Fundament. Deswegen liegt in der zweiten Sitzung das Augenmerk auf Füßen und Beinen. Die dritte Rolfing-Sitzung richtet die Faszien entlang der gesamten Körperseiten aus. Nun ist der Körper bereit für den Einstieg in die nächste Phase des Prozesses, die so genannten Core-Sessions, in denen der Rolfer die tieferen Strukturen Ihres Körpers ausrichtet und von Bewegungseinschränkungen befreit.

Die vierte Sitzung

In den Core-Sessions oder Kern-Sitzungen soll die Voraussetzung für das tiefe innere Aufrichten des Körpers geschaffen werden. Dafür wird dem Inneren des Rumpfes entlang einer vertikalen Achse durch den Körper Länge und Stützung gegeben. Den Zugang zu diesem Kern des Rumpfes findet der Rolfer über die Innenseiten der Beine, von den Knöcheln bis zum Beckenboden. Das Ziel der vierten Sitzung ist, den Beckenboden zu öffnen. Die Faszien in der Region der Innenseiten der Oberschenkel gehen nahtlos in den Beckenboden über. Ist die Spannung der Adduktoren und ihrer Faszien, der Muskeln an der Innenseite der Oberschenkel unausgeglichen, kann dies auch zu einer unausgewogenen Spannung im Beckenboden führen. Dadurch gerät das Becken aus seiner Balance. Dieses kann verstärkt nach vorn oder hinten kippen und damit die Statik des gesamten Oberkörpers beeinflussen.

Der Beckenboden ist eine horizontale Membran aus Muskeln und Faszien, die in einem knöchernen Rahmen bestehend aus Schambein, Steißbein und Sitzbein aufgehängt ist Übermäßige Spannung im Beckenboden verengt diesen Rahmen und nimmt dem Beckenboden die Möglichkeit, den Core elastisch von unten zu stützen. Der Rolfer löst diese überschüssige Spannung, so dass sich der Beckenboden in diesem Bereich passiv aufspannen kann und die nötige elastische Festigkeit für die Stützung erhält. Oft erfahren Klienten am Ende dieser Sitzung einen Auftrieb im gesamten Rumpf. Das ist das eindeutige Zeichen dafür, dass sich  der Körper in seinem inneren Kern in seiner Länge aufrichtet.

Die fünfte Sitzung

neue Aufrichtung des Rumpfes durch Rolfing

In der fünften Sitzung des Rolfing-Prozesses wird der Weg zu mehr Länge und Aufrichtung im Inneren des Rumpfes fortgesetzt. Ziel der Sitzungen 4 bis 7 im Rolfing-Prozess ist die tiefere innere Aufrichtung des Körpers. Dafür löst und verlängert der Rolfer zunächst die Muskeln und Faszien der Bauchdecke. Die Vorderseite des Rumpfes bekommt dadurch die nötige Länge, um das Vordringen in die tieferen Schichten zuzulassen. Ziel der fünften Sitzung ist die Streckung des Rumpfinnenraumes, so dass sich der Brustkorb beim Atmen ungehindert heben und senken kann. Die Streckung des Kerns ermöglicht, dass beim Sitzen und Stehen das Brustbein frei und hoch schweben und das Schambein gleichzeitig leicht in Richtung Boden sinken kann. So entsteht eine leichte Aufrichtung  und die inneren Organe erhalten genügend Platz zur optimalen Entfaltung.

Der Raum, den diese inneren Strukturen einnehmen, erstreckt sich vom Beckenboden bis zum Rachen. Die geschulte Hand des Rolfers kann auch diese tiefen, schwer zugänglichen Schichten durch das Gewebe der Bauchdecke erreichen und die so ertasteten Spannungen lösen. Die Behandlung im Inneren erfordert höchste Sensibilität und ganz besondere Vorsicht. Rolfer lernen in ihrer Ausbildung spezielle und sichere Behandlungstechniken, um auch in diesen tiefen Strukturen Verspannungen erfühlen und lösen zu können. In der 5. Sitzung zeigt Ihnen der Rolfer auch, wie Sie die neu gewonnene Länge und Aufrichtung des Rumpfes im Alltag erhalten können.

Die sechste Sitzung

Nachdem in den ersten beiden der Core-Sitzungen die Spannung in den Beinen ausgeglichen, das Becken ausbalanciert und der Rumpfinnenraum gestreckt wurde, widmet sich der Rolfer in der dritten der Kern-Sitzungen der Rückseite Ihres Körpers. Die Entlastung des Rückens, das gezielte Lösen der tieferen Schichten von den Fersen über die beine, Das Becken, den Rücken bis zum Absatz des Nackens und die Schaffung von mehr Raum für das Atmen ist das Ziel der sechsten Sitzung des gesamten Rolfing-Prozesses.

Die Beine

Auch in der sechsten Sitzung geht es darum, ein stabiles und zugleich federndes Fundament für die Streckung und Entlastung des gesamten Rückens aufzubauen. Deswegen beginnt die Arbeit des Rolfers wieder an den Faszien im Unterschenkelbereich. Beim Gehen und Laufen muss der Unterschenkel von der Ferse bis zu den Kniekehlen lang genug sein, damit die Knöchelachse der Ferse nach hinten federn kann. Genauso muss die Knieachse die Freiheit haben, nach vorne zu federn. Dies ermöglicht der Rolfer durch die Lösung der überschüssigen Spannung in den tiefsten Schichten der Region.

Als nächstes löst der Rolfer verkürzte und verspannte Abschnitte an der Rückseite der Oberschenkel. Bei vielen menschen neigt das Becken dazu, nach hinten zu kippen. Dies geht meist mit einer Rotation der Beine nach außen einher. Ähnlich wie in der vierten Sitzung, in der die Spannung in den Innenseiten der Oberschenkel und der Aufhängung des Beckens gelöst wurde, verfährt der Rolfer auch mit der hinteren Beckenaufhängung. Durch die zusätzliche Freiheit und Länge in diesem Bereich des Körpers findet das Becken seine optimale Position und die Beine können beim Gehen locker aus der Hüfte schwingen.

Die Rückseite des Beckens

Die tiefen Faszienschichten an der Rückseite des Beckens erfordern besonders viel Aufmerksamkeit. Hier liegt unter dem großen Gesäßmuskel eine Gruppe von Muskeln, die sogenannten Rotatoren. Diese sind für die Außenrotation der Beine verantwortlich und oft verkürzt. Zusammen mit den Faszien an der Rückseite der Oberschenkel können sie zu einer Kippung des Beckens nach hinten beitragen. Durch das Lösen dieser Schichten wird ein geradliniges Schwingen der Beine nach vorn möglich und das Becken wird ausbalanciert. Zudem trägt die Ausbalancierung und Verlängerung dieses Bereiches zu einem leichten Federn der Hüftachse nach hinten bei.

Der gesamte Rücken

Lösen tiefer Gewebeschichten des Rückens

Das Lösen tiefer Gewebeschichten des Rückens entlastet den Rücken und schafft mehr Raum für die Atmung

Am Ende der sechsten Sitzung wird der Wirbelsäule und ihren Bandscheiben möglichst freie Bewegung und Aufrichtung ermöglicht. Die Faszienschichten entlang des gesamten Rückens werden von Spannung und Verhärtungen befreit. Unterschiedliche Spannungen auf den beiden Seiten des Rückens führen oft dazu, dass sich die Wirbelsäule verkrümmt und/oder verdreht. Diese Fehlstellungen werden vom Rolfer soweit wie möglich ausgeglichen.

Im Verlauf der Behandlungsserie wird der Schwerpunkt des Oberkörpers im Verhältnis zu Becken und Beinen leicht nach vorne verlagert. Dadurch verteilt sich das Gewicht des Oberkörpers auf den gesamten Querschnitt von Rumpf und Becken und die Wirbelsäule mit ihren Gelenken und Bandscheiben wird entlastet. Die Bewegungen werden geschmeidiger und leichter. Die Rückenatmung wird unterstützt und ihr genügend Raum gegeben. Die Klienten spüren deutlich, wie der Atem nicht nur in den Brustbereich einströmt, sondern den ganzen Rumpf füllt. Die Atmung löst einen Bewegungsimpuls aus, der sich durch den gesamten Rumpf bis hin zum Beckenboden ausbreitet. Dieser Impuls hält alle Gewebe in Bewegung und beugt Bewegungseinschränkungen und Blockaden vor.

Die siebte Sitzung

Den Abschluss der Kern-Sitzungen stellt die siebte Sitzung dar. Der Prozess des inneren Aufrichtens wird nun nach oben fortgeführt. Der Kopf soll frei und leicht auf dem Rumpf balancieren können. Wie eine Kapuze umhüllen Faszien Kopf und Nacken. Dieser Bereich wurde schon in jeder der vorherigen Sitzungen am Ende gedehnt und verlängert. Dieses Ausbalancieren des Kopfes am Ende einer jeden Sitzung ist nötig, um den einzelnen Veränderungen an Beinen, Bauch oder Rücken die nötige Stabilität zu geben. In der letzten Core-Session wird nun der Kopf- und Nackenbereich noch einmal intensiver auf Verkürzungen und Verspannungen hin geprüft und diese soweit es möglich ist, beseitigt. Dabei werden vor allem die tieferen und tiefsten Faszienschichten behandelt.

 

Der sensible Bereich Unterkiefer

Kein Teil unseres Körpers kann einzeln betrachtet werden. Alle Teile sind miteinander verbunden und wirken aufeinander. Fehlstellungen in einem Bereich wie zum Beispiel dem Becken oder dem Rücken werden oft durch eine Neigung oder Verschiebung des Kopfes ausgeglichen. Diese Verlagerung des Kopfes kann sich auch auf den Unterkiefer auswirken. Dieser hängt relativ lose an Faszien und Muskeln am Kopf und kann sich leicht aus seiner optimalen Position verschieben. Die Folge können Schmerzen und untypische Abnutzungserscheinungen im Bereich der Kiefergelenke sein. Umgekehrt kann eine Fehlstellung des Unterkiefers Auswirkungen auf den Rücken und das Becken haben.

Einzelne Faszien, die behandelt werden müssen, um den Unterkiefer auszubalancieren, liegen im Inneren des Mundes. Mit Einmalhandschuhen und der Erlaubnis des Klienten löst der Rolfer mit vorsichtigem Druck seiner Finger die Spannungen in diesem Bereich.

Lösen und Ordnen der tiefen Gewebeschichten im Hals-, Kopf- und NackenbereichNach der siebten Sitzung ist der gesamte Kopf- und Nackenbereich inklusive des Unterkiefers gelockert und die Spannung verringert. Nach den vier Core-Sessions haben wir eine Reise durch den gesamten Körper abgeschlossen. Von den Füßen bis zum Kopf, von außen nach innen sind die Verspannungen und Verkürzungen so weit wie möglich beseitigt und Ihr Körper ist neu ausbalanciert. Sie sind beweglicher, fühlen sich freier und stehen mit aufgerichtetem Körper fest auf dem Boden. In den folgenden drei Sitzungen gilt es nun, dieses Gefühl zu stabilisieren. Die  Sitzungen 8 bis 10 werden wir Ihnen im nächsten Blogbeitrag vorstellen.